We’re all living in America

Wenn man einen Blick auf unsere Gärten wirft und dabei über die Herkunft der Pflanzen nachdenkt, erkennt man, dass nur wenige Nutzpflanzen einen heimischen Ursprung haben. Viele unserer Pflanzen im Obst- und Gemüsegarten wurden aus Asien, Afrika oder Amerika zu uns gebracht. Nahezu alle Nutzpflanzen wurden im Laufe der Geschichte um den Globus verteilt. Seit der Eroberung Amerikas kamen auch zahlreiche Pflanzen aus der „Neuen Welt“ zu uns.

Eine Neue Welt der Garten-Pflanzen

Viele Pflanzen vom amerikanischen Kontinent finden sich bei uns erst seit relativ kurzer Zeit auch in Küchengarten und Küche. Man könnte manche davon sogar fast als Modeerscheinung bezeichnen und doch sind sie für Gärtner unserer Zeit nicht mehr wegzudenken. Wer hätte gedacht, dass die Tomate erst seit der Zwischenkriegszeit Verbreitung in Europa findet oder dass unsere allseits beliebte Gartenerdbeere erst seit dem 18. Jahrhundert existiert? Wir haben recherchiert und hier einige wissenswerte Details über die Küchengarten-Pflanzen aus Amerika zusammengetragen.

Tomate (Paradeiser)

Heimisch ist die Paradeiser im nördlichen Südamerika und Mittelamerika. Nach Europa gelangte die Tomate vermutlich um 1500 durch Kolumbus. Um 1550 wurde sie bereits in Kräuterbüchern der Spätrenaissance erwähnt und abgebildet. Dabei erkennt man auch, dass die Früchte schon durch die amerikanischen Ureinwohnern groß gezüchtet worden waren und bereits in dieser Form Europa erreichten.

Ab 1700 schenkte man Tomaten besonders in Italien immer mehr Beachtung. In Deutschland und Österreich blieben Tomaten bis ca. 1900 weitgehend unbekannt. Bei der Wiener Weltausstellung im Jahre 1873 wurden Paradeiser noch als Exoten ausgestellt. Erst in der Zeit zwischen den Weltkriegen erfreuten sich Tomaten größerer Beliebtheit.

Tomaten existieren in den unterschiedlichsten Größen, Formen und Farben.

Tomaten existieren in den unterschiedlichsten Größen, Formen und Farben.

 

Grüne Garten-Bohne (Fisolen)

Die grüne Gartenbohne, in Österreich auch „Fisolen“ genannt, gelangten erst nach der Eroberung Amerikas zu uns. Seit 1542 wurden sie auch in Europa angebaut. Auch in der Antike und dem Mittelalter kannte man Bohnen bereits, allerdings waren damit lediglich Saubohnen, Ackerbohnen und Dicke Bohnen, die mit Linse bzw. Erbse verwandt sind, gemeint.

Bohnen im Gartenbeet

Bohnen im Gartenbeet

 

Paprika und Chili

Diese Beeren waren seit vielen tausend Jahren aufgrund ihrer leuchtend roten Farbe und ihrer Schärfe als Nahrungsmittel in Süd- und Mittelamerika sehr beliebt. Die Schärfe fiel auch den Eroberern unter Kolumbus auf. Damals war Pfeffer ein sehr profitables aber auch nur schwer zu beschaffendes Gewürz. Da die Eroberer annahmen, sie hätten eine Pfefferart entdeckt, brachten sie die Pflanzen nach Europa. Über den Gewürzhandel der Portugisen gelangten die Chili-Arten nach Afrika und Asien. Wo scharfe Gewürze Tradition hatten, wurden Chili Bestandteil der lokalen Küchen.

Anfang des 20. Jahrhundert wurde in Ungarn auch eine mild schmeckende Mutation entdeckt, die man fortan weiterzüchtete. Den Ungarn verdanken wir also unsere Gemüsepaprika.

Chilli im Hochbeet.

Chilli im Hochbeet.

 

Kartoffel (Erdapfel)

Die Kartoffel wurde zweimal über Schiffsladungen nach Europa eingeführt. Das erste Mal über den spanisch-italienischen Weg. Das zweite Mal 1565 durch einen Sklavenhändler nach England. Über 100 Jahre lang war der Kartoffelanbau reine Liebhaberei botanischer Gelehrter vornehmlich in fürstlichen Gärten. Die exotischen Pflanzen wurden damals noch wegen ihrer Blüten bewundert. Um 1600 gelangten Erdäpfel auch nach Irland, wo sie schließlich weitergezüchtet wurden. Erst im 18. Jahrhundert wurde die Kartoffel auch im landwirtschaftlichen Anbau verwendet und entwickelten sich dann rasch zum Grundnahrungsmittel.

Kartoffelernte mit unterschiedlichen Sorten.

Kartoffelernte mit unterschiedlichen Sorten.

 

Gartenerdbeere

Kleine Walderdbeeren sind in Europa bereits seit der Steinzeit bekannt. Im Mittelalter wurden sogar größere Flächen mit Walderdbeeren kultiviert. Diese haben aber nur wenig mit unserer heutigen Gartenerdbeere gemein.

In Amerika fanden französische Siedler eine größerfruchtige wilde Erdbeer-Art, die im 18. Jahrhundert auch nach Europa gelangte. Der Botaniker Amédée-François Frézier entdeckte 1714 eine weitere Erdbeerart mit großen Früchten in Amerika. Im 18. Jahrhundert entstand die Gartenerdbeere in Europa durch zufällige Kreuzung dieser beiden Erdbeerarten aus der Neuen Welt.

Garten-Erdbeeren am Balkon.

Garten-Erdbeeren am Balkon.

 

Sonnenblume

Diese Blume stammt ursprünglich ausnahmsweise einmal nicht aus Südamerika, sondern aus Nordamerika. Sonnenblumensamen wurden 1552 von spanischen Seefahrern nach Europa gebracht. Lange Zeit wurde die Sonnenblume nur als Zier- und Gartenpflanze gesehen. Erst um 1830 entdeckte ein russischer Bauer, dass sich aus den Sonnenblumenkernen Speiseöl gewinnen ließ. Bis dahin war Olivenöl beinahe das einzige verfügbare Speiseöl in Europa.

Eine Sonnenblume im GartenGnom-Garten.

Eine Sonnenblume im GartenGnom-Garten.

 

Topinambur

Topinambur zählt zur selben Gattung wie die Sonnenblume und stammt wie diese aus Nord- und Mittelamerika. Überlebende einer Hungersnot unter französischen Auswanderern in Kanada sandten 1610 einige der Knollen, die ihnen das Leben gerettet hatten, nach Europa. 1612 gelangten die „Indianerkartoffeln“ auch in den Vatikan und nach Paris. In Frankreich war zu dieser Zeit ein Stamm amerikanischer Ureinwohner, der Topinambour zu Gast, nach dem die Pflanze kurzerhand benannt wurde.

Anfang des 17. Jahrhunderts erfreute sich die Topinambur in Frankreich großer Beliebtheit. Mitte des 18. Jahrhunderts wurde die Pflanze allerdings von der Kartoffel weitgehend verdrängt. Im 19. Jahrhundert dienten die Knollen aber immer noch als wichtiges Futter- und auch Nahrungsmittel. Heute werden Topinambur in Europa zwar angebaut, allerdings sind sie bei uns heute wieder Exoten.

Die Knollen einer Topinambur.

Die Knollen einer Topinambur.

 

Kürbis

Riesenkürbisse gelangten mit der zweiten Reise von Kolumbus 1496 nach Europa. Kürbisse wurden von den amerikanischen Ureinwohnern Südamerikas über Jahrtausende kultiviert worden. Zu dieser Zeit existierte somit bereits eine große Sortenvielfalt an essbaren Kürbissen. Das Wort „Kürbis“ war bei uns bereits seit der Antike bekannt, allerdings waren damit einst lediglich die ungenießbaren Flaschenkürbisse gemeint. Ein großer Vorteil einiger Riesenkürbisse ist die lange, monatelange Lagerfähigkeit über den Winter.

Kürbisse spielten bis vor Kurzem dennoch keine große Rolle in der europäischen Küche. Unter Bauern werden sie immer noch als Schweinefutter gehandelt. Lediglich Ölkürbisse haben eine etwas längere Geschichte. In der Steiermark wird Kürbiskernöl seit etwa 1870 hergestellt. Verbreitung findet das steirische Kürbiskernöl allerdings auch erst seit den 1970ern. Erst in den letzten Jahren finden Kürbisse vermehrt Einzug in der europäischen Küche und auch Züchtungen wie der beliebte Hokkaido-Kürbis sind Neuzüchtungen vom Ende des 19. Jahrhunderts.

Hokkaido-Kürbisse

Hokkaido-Kürbisse

 

Zucchini

Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden diese Sommerkürbisse in Italien aus Neue-Welt-Kürbissen gezüchtet. Noch in der Nachkriegszeit wurde in Österreich und Deutschland keine Zucchini verspeist. In den Sechzigerjahren gelangte die Zucchini schließlich auch zu uns.

Eine gelbe Zucchini im Hochbeet.

Eine gelbe Zucchini im Hochbeet.

 

Mais (Kukuruz)

Die Kultivierung des Mais ist wohl eine der größten Züchtungserfolge der Menschheit, denn die Wildform des Mais ist ein einfaches Wildgras (Teosinte). Bereits um 5.000 v.Chr. gab es im Tal von Tehuacán einen einigermaßen dauerhaften Mais-Anbau. Auch der Mais reiste mit Kolumbus Schiffen 1496 schließlich nach Europa. Bereits 1525 bewerkstelligte man einen problemlosen Anbau der ertragreichen Pflanze in Europa.

Frisch geernteter Mais aus dem Garten.

Frisch geernteter Mais aus dem Garten.