Sanfter Obstbaumschnitt

Ich muss zugeben, dass wir uns lange vor dem Obstbaumschnitt gedrückt haben. Alle Bäumchen, die wir gepflanzt haben, überließen wir ihrem natürlichem Wachstum. Unser Leitmotiv als Naturgärtner ist schließlich, so wenig in die Natur einzugreifen, wie nötig. Da wir aber natürlich dennoch auf das gute Obst gefreut hatten, dann aber vom Ertrag und der Qualität enttäuscht wurden, erkannten wir, dass der Obstbaumschnitt ein wichtiger Faktor sein musste.

Ich begann also zu recherchieren, kaufte Bücher, besuchte einen Kurs und hatte Gespräche mit Fachleuten. Nun bin ich überzeugt davon, dass ich den Bäumchen und Bäumen ab nun mit Schere und Säge zuleibe rücken werde. Natürlich wollen wir auch hier das Auge der Naturgärtner walten lassen und möglichst sanft und schonend vorgehen.

Die Wuchsgesetze

Obstbaumschnitt ist weder eine Geheimwissenschaft noch sonderlich kompliziert, wenn man die zugrunde liegenden Prinzipien einmal verstanden hat. Die grundlegendste Regel ist: Je höher sich die Endknospe befindet, desto stärker ist ihr Austrieb (Spitzenförderungsgesetz). Je weiter eine Knospe von der jeweiligen Endknospe entfernt ist, desto weniger Reservestoffe werden ihr zur Verfügung gestellt.

Damit sich die Knospen entfalten können, benötigen sie Wasser und Nährstoffe. Beides wird in den Wurzeln gespeichert. Je nach Lage der Knospen erhalten diese eine unterschiedlich starke Versorgung. So kommt es, dass einige Triebe sehr stark wachsen, andere hingegen gar nicht.

Ein ungeschnittener einjähriger Langtrieb unterliegt üblicherweise folgenden Regeln:

  • Aus den obersten zwei bis drei Knospen entwickeln sich meist starke Langtriebe.
  • Die mittleren Knospen bilden Kurztriebe mit Knospen, aus denen sich Blüten entwickeln werden.
  • Die unteren Knospen bilden eine Reserve, sollte der Ast zum Beispiel durch Bruch gekürzt werden. Wird der Ast nicht gekürzt, so entwickelt sich aus den hintersten Knospen meist nichts. Kürzt man im Winter einen Langtrieb, so übernehmen nun die vordersten Knospen die Aufgabe neue Langtriebe auszubilden. Bleiben dann noch Knospen übrig, werden hier Kurztriebe entstehen, allerdings weniger als beim ursprünglichen Zweig. Je stärker der Trieb gekürzt wird, desto mehr Reservestoffe entfallen auf die vordersten Knospen und desto stärker und länger werden die daraus entstehenden Langtriebe wachsen.
Wirkung des Winterschnitts auf den Austrieb.
Abbildung A ☛ Wirkung des Winterschnitts auf den Austrieb. A: ursprünglicher Langtrieb, B: unbeschnittener Langtrieb, C: Langtrieb um ⅓ gekürzt, D: Langtrieb um ⅔ gekürzt

Mit diesem Wissen lassen sich nun Längenwachstum und Zahl der Triebe beeinflussen. Ein starker Rückschnitt fördert viele lange Triebe. Es besteht allerdings auch das Risiko, Wassertriebe zu fördern, wenn man es übertreibt. Üblicherweise begnügt man sich daher mit einem schwächeren Rückschnitt.

Obstbaumschnitt - Wuchsgesetze
Abbildung B ☛ A und B: Spitzenförderungsgesetz, C: Oberseitenförderung, D: Scheitelpunktförderung

Die Kapillare im Holz fördern vor allem das Wachstum nach oben. Äste, die senkrecht nach oben stehen, erhalten somit mehr Reservestoffe, als Triebe die abwärts wachsen. Auf waagerecht verlaufenden Ästen wachsen daher jene Triebe stärker, die sich an der Oberseite befinden (Oberseitenförderung). Noch stärker erkennt man den Effekt bei gebogenen Ästen. Hier erhält der Trieb den meisten Schub, der sich am Scheitelpunkt des Astes befindet (Scheitelpunkt- bzw. Basisförderung).

Weshalb ist Obstbaumschnitt wichtig?

Obstbäume müssen zwar nicht beschnitten werden, um sich zu entwickeln, allerdings beeinflusst der richtige Schnitt Gesundheit, Wachstum, Alter und Wuchs der Früchte.

Wie alle Bäume wachsen auch Obstbäume im oberen Bereich der Krone besonders stark und neigen dazu, dort besonders dicht zu werden. Die Früchte werden je nach Sorte jedoch meist nur dann groß, gesund und besonders schmackhaft, wenn sie ausreichend Licht, Luft und Nährstoffe für ihre Entwicklung erhalten. Viele nicht beschnittene Obstbäume entwickeln folglich nur wenige, kleine Früchte – das hängt aber auch von der Obstsorte ab. Zusätzlich wird es an „Wildbäumen“ nicht jedes Jahr Früchte geben. Geschnittene Bäume bringen üblicherweise jedes Jahr Früchte hervor.

Entwicklungsperioden von Obstbäumen.
Abbildung C ☛ Entwicklungsperioden: (A) Jungperiode, (B) Ertragsperiode, (C) Altersperiode

Ungeschnittene Obstbäume wachsen rascher in die Höhe. Da kaum Licht ins Innere der Krone gelangt, verkahlen sie dort. Mit dem Schnitt sollte man es aber auch nicht übertreiben. Erstens tut man mit einem übertriebenen Schnitt auch der Pflanze keinen Gefallen, andererseits vernichtet man so oft auch wichtigen Lebensraum verschiedenster Tiere.

Ausnahmen

Kische (mit Ausnahme der Weichsel) und Marille sind eher heikel, was Rückschnitte anbelangt.

Zwetschke (Pflaume) verträgt hingegen jeden Schnitt extrem gut, benötigt aber kaum Obstbaumschnitt.

Pfirsiche benötigen vorsichtigen, jährlichen Schnitt, da Pfirsichbäume sonst zu rascher Vergreisung neigen. Pfirsiche sollten kurz vor der Blüte, wenn ein bisschen Rosa aus der Knospe schimmert, geschnitten werden. Der zweitbeste Schnittzeitpunkt ist nach der Ernte.

Der richtige Zeitpunkt für den Obstbaumschnitt

Innerhalb der gesamten Lebensspanne eines Baumes ändern sich Art und Häufigkeit, in der der Beschnitt stattfindet.

SchnittZeitpunktZiel
PflanzschnittPflanzungBedarf der Krone an den verminderten Nachschub der beschnittenen Wurzeln angleichen.
ErziehungsschnittJugendphase (jährlich die ersten 7-10 Jahre)Förderung eines tragfähigen, lichten und lebensfreundlichen Kronen-Gerüstes.
Erhaltungsschnitt (Ertragsschnitt, Auslichtungsschnitt)Ertragsphase (alle 3-5 Jahre)Gleichbleibende Fruchtqualität und regelmäßige Ernte sichern.
Verjüngungsschnittältere Bäume (üblicherweise einmalig, außer bei uralten Bäumen)Nicht oder unsachgemäß geschnittene Kronen in Form bringen. Ausladende Kronen verkleinern.

Der Winter wird als jene Zeit erachtet, in der es im Garten nichts zu tun gibt, da die Pflanzen ruhen. Eis, Schnee und Temperaturen unter dem Gefrierpunkt bringen die Welt vor dem Fenster zum Stillstand. Gerade dann ist aber einer der besten Zeitpunkte um Obstbäume in Form zu bringen.

Winterschnitt

In den meisten Fällen empfiehlt sich der Winterschnitt. Im Winter trägt die Baumkrone kein Laub und das Astwerk ist komplett zu sehen. So erhält man einen ausgezeichneten Überblick, kann den Schnitt besser planen und einfacher durchführen. Während der Vegetationsruhe haben die Wurzeln ausreichend Nährstoffe eingelagert, so dass ein gesunder Baum solche Eingriffe problemlos übersteht.

Natürlich sollte man nicht bei allzu tiefen Temperaturen schneiden. Als Faustregel gilt, dass man bis -5°C problemlos schneiden darf, wobei sich trockene und frostfreie Tage besonders empfehlen. Am Besten wählt man als Zeitpunkt den Spätwinter, kurz vor dem Knospenschwellen zwischen Jänner und April. Vor dem Schnitt empfiehlt sich ein Blick auf die Wettervorhersage. Es sollten auch in der Folgezeit keine zu tiefen Temperaturen (unter -15°C) mehr folgen.

Der Winterschnitt empfiehlt sich für alle Obstbaumsorten, außer bei Kirsche und Marille. Auch die Walnuss wird nicht im Winter geschnitten. Pfirsiche werden ebenfalls nicht im Winter, sondern idealerweise erst kurz vor der Blüte, wenn man bereits etwas Rosa an den Knospen durchblitzen sieht, geschnitten.

Winterschnitt eines Apfelbaumes

Sommerschnitt

Der Sommerschnitt bzw. Grünschnitt wirkt als Wuchsbremse. Er empfiehlt sich für alle größeren Eingriffe, die den Baum im Winter zu viele Reservestoffe kosten würden oder die nicht rasch genug verheilen würden, bevor der Frost die Wunden sprengt. Außerdem empfiehlt er sich für stark triebige und empfindliche Baumarten.

Das richtige Werkzeug

Gerade beim Obstbaumschnitt macht gutes Werkzeug viel aus. Mit scharfen und stabilen Schneidewerkzeugen kann nicht nur sicherer, sondern auch sauberer und hygienischer gearbeitet werden. Glatte und saubere Schnitte mit einer gepflegten Klinge fügen den Bäumen kleinere, glattere und sauberere Wunden zu. Das führt zu rascherer und besserer Wundheilung.

Baumschere (Bypass-Schere)

Um junge Bäume zu schneiden, reichen eigentlich zwei einfache Werkzeuge: Eine Baumschere (Bypass-Schere) und eine Klappsäge. Bei größeren Bäumen empfiehlt sich auch eine Bügelsäge (Baumsäge).

Gewöhnliche Gartenscheren, die auf dem Amboss-Prinzip funktionieren, sind nicht geeignet. Damit ergibt sich kein glatter Schnitt. Stattdessen quetscht man den Ast, was zu gelöster Rinde und schlechter verheilbaren Wunden führt.

Baumschere

Das wohl wichtigste Werkzeug für den Obstbaumschnitt ist eine gute, saubere und stabile Baumschere. Bei guten Scheren lässt sich die Klinge abnehmen um sie zu schleifen bzw. um sie zu ersetzen. Auch der Anpressdruck der Klinge sollte einstellbar sein. Schneidet man regelmäßig und viel, so ist auch ein ergonomischer Griff wichtig. Zuletzt ist es nicht verkehrt, wenn der Griff eine auffällige Farbe hat. Nichts ist lästiger, als eine grüne Schere, die einem ins Gras gefallen ist.

Klappsäge und Baumsäge

Mit einer Klappsäge lassen sich mühelos auch etwas größere Äste schneiden. Besonders praktisch zeigt sich die Klappsäge durch ihre einfache Handhabung, insbesondere wenn man gerade auf einer Leiter steht oder auf einen Baum geklettert ist.

Um auch größere Äste zu bezwingen, empfiehlt sich der Einsatz einer Bügelsäge. Bei professionellen Modellen lässt sich auch das Sägeblatt verdrehen um Astgabeln besser schneiden zu können.

Astsäge

Desinfektion

Viele Baumkrankheiten werden beim Obstbaumschnitt über das Werkzeug von Baum zu Baum verbreitet. Um das zu vermeiden, sollten die Klingen nach jedem Baum mit Desinfektionsmittel oder Spiritus gesäubert werden. Die Schnittflächen am Ast sollten auch nicht berührt werden.

Bitte verwendet keine Mittel zum Wundverschluss der Schnittstellen. Bäume besitzen eine unglaubliche Fähigkeit zur Selbstheilung. Wundanstriche bzw. Wundverschlussmittel sind, außer eventuell bei zB. Obstbaumkrebs, nicht nötig beziehungsweise sogar kontraproduktiv.

Die Schnittarten

Arten der Schnittführung.
Abbildung D ☛ Drei Arten der Schnittführung

Ist es nötig, einjährige Triebe zu kürzen, werden diese direkt über einer Knospe abgeschnitten. Dabei sollte die Schnittfläche schräg von der Knospe wegführen (siehe Abbildung F). So wird vermieden, dass Tauwasser an der Knospe stehen bleibt.

Das Ableiten ist das Mittel der Wahl um die Wachstumsenergie eines Astes in einen Nebenast umzuleiten. Geschieht dies nicht, so wird sich die überschüssige Energie eigene Bahnen suchen und Wasserschosse austreiben lassen. Durch das Ableiten wird der Nebenast zum neuen Hauptast. So lässt sich auch die gewünschte Wuchsrichtung des Hauptastes bestimmen.

Müssen mehrjährige Seitenäste abgeschnitten werden, so sollte dies direkt nach dem Astring geschehen (siehe Abbildung E). An der Basis jeder Verzweigung ist der Baum fähig, die Wunde mit Rinde zu überwallen. Dies bewirkt auch einen mechanischen Wundverschluss.

Richtiges Anschneiden und Abschneiden.
Abbildung E ☛ Richtiges Anschneiden und abschneiden größerer Äste.

Der Pflanzschnitt

Pflanzt man Bäume Wurzelnackt bzw. mit ausgestochenem Ballen, so ging dabei immer auch ein Teil des Wurzelwerks verloren. Da nun Wurzeln fehlen, können auch die Äste der Krone nicht mehr ausreichend versorgt werden. Es ist daher wichtig, einen Ausgleich mittels Pflanzschnitt zu schaffen.

In vielen Baumärkten, Gartencentern und Gärtnereien aber auch in manchen Baumschulen erhält man heute oft schon Bäumchen, die in Töpfen gezogen wurden. Hier bleibt der Wurzelballen erhalten und ein Ausgleich durch Rückschnitt ist nicht unbedingt nötig. Dennoch ist auch hier ein Pflanzschnitt förderlich.

Pflanzschnitt und Schnitt in der Saftwaage.
Abbildung F ☛ A: Pflanzschnitt (Pyramidenform), B: Schnitt in der Saftwaage, C: richtiger Schnitt an der Knospe.

Beim Schnitt sollte man bei den Trieben auch immer einen Blick auf eine möglichst ausgeglichene Saftwaage haben. Damit ist gemeint, dass Äste jeder Etage in möglichst gleicher Höhe enden sollten. Ist die Saftwaage gestört, so kommt es zu unterschiedlich starker Versorgung mit Wasser und Nährstoffen. Daraus folgt schließlich ungleiches Wachstum.

Wichtiger als die Saftwaage ist jedoch die Rücksichtnahme auf die Knospen. Hier sollte knapp oberhalb einer Knospe geschnitten werden um deren Entwicklung optimal zu fördern.

Der Erziehungsschnitt

Die natürliche Kronenform von Obstbäumen ist eine Rundkrone. Je nach Art und teils auch je nach Sorte kann diese spitzer, flacher, runter oder höher ausfallen. Ungeschnittene Obstbäume neigen jedoch teils dazu, nur die nötigste Energie in die Ausbildung von Früchten zu stecken. Besonders bei Äpfeln und Birnen fällt auf, dass in ungeschnittenen Bäumen nur unregelmäßig einige wenige Früchte gebildet werden, die zudem noch kleiner und oft weniger süß sind. Auch werden regelmäßig beschnittene Obstbäume im Schnitt weitaus älter und vergreisen langsamer.

Der Beschnitt des Baumes soll die regelmäßige Ausbildung von Früchten fördern. Es werden mehr Früchte ausgebildet, die größer und schmackhafter wachsen.

Als ideale Kronenform für Streuobstwiesen hat sich die sogenannte Pyramidenkrone bewehrt. Diese zeichnet sich durch einem verlängerten Stamm und drei bis vier gleichmäßig verteilte Leitäste aus.

Pyramidenkrone
Abbildung G ☛ Pyramidenkrone

Über die Lebenszeit des Baumes bleiben die Leitäste und Gerüstäste erhalten. Die Erziehung des Baumes zielt besonders auf dieses Ergebnis ab. Bereits beim Pflanzschnitt oder im Jahr danach werden diese Äste ausgewählt. Optimal ist ein 45° bis 50°-Winkel zur Stammverlängerung.

In den ersten sieben bis zehn Jahren nach dem Pflanzschnitt ist bei den meisten hochwüchsigen Obstbäumen ein Erziehungsschnitt nötig. Das Ziel ist ein lichtes und tragfähiges Kronengerüst. Zur Förderung des Wachstums und der Verzweigung werden die Leitäste und auch die Stammverlängerung jährlich um ein- bis zwei Drittel zurück geschnitten.

Bei Pfirsichen und Weichseln wird oft der Schnitt zur Hohlkrone dem Pyramidenschnitt vorgezogen. Bei der Hohlkrone werden die Leitäste ebenso gestärkt und erzogen, jedoch verzichtet man auf die Stammverlängerung.

Beim Erziehungsschnitt werden Leittriebe eingekürzt und Seitenäste untergeordnet. Nach innen wachsende Langtriebe und Konkurrenztriebe werden entfernt.

Was bedeutet das? Entsteht waagerechtes Seitenholz an der Stammverlängerung, kann das ungeschnitten am Baum verbleiben, da es zur Fruchtbildung neigen wird. Starke, steil stehende Triebe werden hingegen entfernt, da diese sich zu Konkurrenten der Leitäste entwickeln würden. Diese Triebe werden direkt am Stamm entfernt. Will man die Verkahlung des Stammes vermeiden, kann auch nah am Stamm auf ein bis drei Augen zurückgeschnitten werden.

Der Erhaltungsschnitt

Beim Ertragsschnitt bzw. Auslichtungsschnitt geht es nur mehr um den Status Quo. Ertrag und Frucht-Qualität sollen jedes Jahr annähernd gleich bleiben. Dazu ist ein Schnitt alle 2-3 Jahre, teils auch nur alle 5 Jahre nötig – je nach Sorte und Obstart.

Beim Erhaltungsschnitt wird die Krone ausgelichtet, Überbauungen zurückgenommen und das Fruchtholz wird verjüngt. Durch Ableiten auf Seitenäste kann die Baumhöhe kontrolliert werden. Es sollten maximal ⅓ der Krone zurückgeschnitten werden. Starke Schnitte werden besser über mehrere Jahre verteilt.

Auslichten

Wie auch beim Erziehungsschnitt entfernt man alle Äste, die ins Innere der Krone wachsen. Auch Äste, die andere kreuzen und jene, die zu wenig Platz zum Wachsen haben. Konkurrenztriebe, die sich zu stark entwickelt haben, werden entfernt.

Wachsen Langtriebe aus Fruchtholz, so muss alles entfernt werden. Kurztriebe sind nicht stabil genug um als Grundlage für mehrjährige Äste zu dienen.

gekreuzte Äste
Kreuzende Äste

Fruchtholzverjüngung

Fruchtholz, auch Kurztrieb genannt, vergreist mit den Jahren zu sogenanntem „Quirlholz“. Ein Anteil des besonders alten Quirlholzes sollte mit jedem Schnitt entfernt werden. An den Schnittstellen werden sich neue Jungtriebe bilden, über die die Früchte besser versorgt werden können.

Höhenkontrolle

Manche Baumarten wie zum Beispiel Marille und Kirsche sollten nicht zu hoch und zu breit werden. Um das Wachstum etwas einzudämmen, wird die Krone mit jedem Schnitt um etwa 1-2 Meter eingekürzt. Wichtig ist, dabei immer auf bestehende Triebe abzuleiten. Üblicherweise wird nach außen abgeleitet. Ist der Baum jedoch bereits sehr ausladend, wird auch nach innen abgeleitet, um die Bruchgefahr zu vermindern.

Vorsicht, denn gerade diese Baumarten sind sehr schnittempfindlich! Gerade bei Kirschbäumen habe ich die Erfahrung gemacht, dass Weniger oft Mehr ist. Im Garten meiner Großeltern baute mein Opa mein Baumhaus in einem riesengroßen und sehr alten Kirschbaum, der einen großen Teil des Gartens einnahm. Der Baum lieferte jedes Jahr viele Körbe an herrlichen Früchten, die ich sogar direkt aus dem Baumhaus heraus pflücken konnte.

Abgeleiteter Ast
Ableitung eines Astes

Fruchtäste ableiten

Da sich die Fruchttragenden Äste über die Jahre immer weiter nach unten neigen, müssen sie immer wieder einmal auf jüngere, nach oben wachsende Triebe abgeleitet werden. Somit übergibt man einem Trieb an der Ast-Oberseite die Führung. Dieser Ast sollte im Durchmesser minimal ⅓ der Stärke des zu entfernenden Astes besitzen.

Der Verjüngungsschnitt

Der Verjüngungsschnitt dient dazu, das Leben alter Bäume noch einmal zu verlängern. Teils muss er aber auch bei nicht, oder falsch geschnittenen Obstbäumen durchgeführt werden.

Will man eine zu mächtig gewordene Krone verjüngen, so kann man sie einmalig radikal um ¼ oder gar ⅓ der aktuellen Höhe und Breite verkleinern. Ein solcher Schnitt wird bei gepflegten Bäumen üblicherweise nur einmal im Leben des Obstbaumes durchgeführt. Nur bei sehr alten Bäumen gibt es auch einen weiteren Verjüngungsschnitt.

Wichtig beim Verjüngen eines Obstbaumes ist, immer korrekt abzuleiten. Da man den Bäumen hierbei normalerweise größere Wunden mit der Säge zufügt, die besonders ältere Bäume stärker schwächen könnten, wird der Verjüngungsschnitt erst ab März bzw. April oder überhaupt erst im Sommer durchgeführt. In den Sommermonaten ist die Wundheilung gewöhnlich besser.

Achtung: Marille und Kirsche vertragen starken Schnitt eher schlechter, weshalb man hier vorsichtig vorgehen sollte. Besonders Marillenbäume sind überaus heikel. Ist hier eine stärkere Verjüngung nötig, sollte diese auf mehrere Jahre verteilt werden.

Auf starke Rückschnitte reagieren Obstbäume mit starkem Wachstum. In den darauffolgenden Jahren müssen also weitere Schnittmaßnahmen folgen um die Triebe wie beim Erziehungsschnitt vorsichtig in Bahnen zu lenken. Einige Triebe sollte man stehen lassen um die Wuchskraft des Baumes in diese zu lenken. Man kann die verstärkte Wuchskraft alle paar Jahre auf neue Triebe umlenken und die alten Puffer-Triebe entfernen.

Spezialfall: Ungepflegte Krone

Es kommt immer häufiger vor, dass Obstbäume in Gärten zu selten oder gar nicht geschnitten werden. Zu selten wird das Wissen von der älteren Generation an die nächsten Generationen weiter gegeben. Manchmal vernachlässigen auch ältere Menschen den Garten und die Nachmieter besitzen noch kein entsprechendes Know-How.

Das Resultat sind ungepflegte Kronen, welche ihrer eigenen Struktur folgen, die eher auf stabiles und konkurrenzfähiges Wachstum, als auf Fruchtbildung ausgerichtet ist. Hier muss ein Verjüngungsschnitt durchgeführt werden. Es kommt jedoch hinzu, dass es in diesem Fall fast immer mehr als nur drei oder vier Leitäste gibt, die gerne auch einmal zu steil nach oben, zu flach oder quer durch die Krone wachsen.

Das Hauptziel in diesem Fall ist das Auslichten der Krone. Starke Äste sollten so sparsam wie möglich entfernt werden. Dabei muss stets auf jüngere Triebe abgeleitet werden. Fruchtäste werden auf höher stehende abgeleitet. Um zu starke Wuchsreaktionen zu vermeiden, sollte bei heftigen Schnittmaßnahmen über mehrere Jahre hinweg gearbeitet werden. Die Intensität darf dann von Jahr zu Jahr zunehmen.

Obstbaumschnitt

Vielfalt erhalten

Das Weiterbestehen der Vielfalt unserer Obstgärten liegt uns GartenGnomen sehr am Herzen. Habt ihr eine Streuobstwiese, dann erhaltet diese bitte. Muss ein alter Baum gefällt werden, dann ersetzt diesen. Habt ihr genügend Platz zur Verfügung, dann Pflanzt früh genug Jungbäumchen. Diese sind bei solchen überlappenden Obstbaum-Generationen bereits größer und liefern Ernte, wenn alte Bäume weichen müssen.

Bitte wählt lokale und an das regionale Klima angepasste Sorten. Idealerweise bemüht ihr euch um seltene, erhaltenswerte Sorten. Oft gibt es lokale Vereine und Organisationen, die diesbezüglich gerne helfen werden. Alte Sorten, die aus der Region stammen sind hartnäckiger, kräftiger und weniger anfällig für Krankheiten und Parasiten.

Beim sanften Obstbaumschnitt wird mit dem Schneiden nicht übertrieben. Bäume mit Höhlen und Totholz geben vielen Tieren wertvollen Lebensraum. Ist ein Baum sehr alt und liefert kaum noch Ertrag, ist er vermutlich dennoch ein hervorragender Lebensraum für vielerlei Nützlinge und bedrohte Arten.

Streuobstwiese

Allen, die sich weiterhin nicht so recht überwinden können, an ihren Obstbäumen die Säge anzusetzen, empfehle ich einen Obstbaumschnittkurs. Ich selbst habe einen Schnittkurs vom Biosphärenpark Wienerwald besucht und wurde nicht enttäuscht. Hier ein paar Beispiele (Wir freuen uns über weitere Tipps).

Österreich

Deutschland