Was bringt Gärtnern mit dem Mond?

Dass der Mond durchaus einen Einfluss auf Mutter Erde hat, ist bekannt. Der Mond ist hauptverantwortlich für die Gezeiten und er schützt unseren Planeten vor Asteroiden-Einschlägen. Zudem haben sich viele Tiere in ihrem Rythmus offenbar auf den Mondzyklus abgestimmt. Der Volksglaube geht davon aus, dass die Pflanzenwelt ebenfalls vom Mond beeinflusst wird. So sollen sogar die Säfte in den Pflanzen direkt vom Mond angezogen werden. Ist das nur Esoterik, oder ist tatsächlich etwas dran am Mythos „Gärtnern mit dem Mond“?

Mondzyklus und Mondphase

Gärtnern mit dem Mond ist ein umstrittenes Thema. Ich tat das Thema immer als esoterischen Humbug ab. Ob das tatsächlich so ist? Auf Twitter haben wir eine kleine Umfrage gestartet:

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Die Mondgärtnerei geht von der Annahme aus, dass der Mond nicht nur große Wassermassen, sondern auch die Pflanzensäfte beeinflusst. Hier spielt die Position des Mondes am Himmel eine wichtige Rolle.

Dabei gilt es zwischen Mondzyklus und Mondphase zu unterscheiden. Der siderische, also sternbezogene, Mondzyklus bezeichnet jene 27,3 Tage, an denen der Mond die Sternbilder durchläuft. Der Mondzyklus ist somit der Astrologie zuzuordnen. Die Mondphase bezeichnet die 29,5 Tage dauernde Umkreisung der Erde. Je nach seiner Position in Bezug zur Sonne wird der Mond unterschiedlich beleuchtet und erscheint für uns als Neumond, Sichelmond, Halbmond oder Vollmond.

Diese fünf Hauptrhythmen des Mondes werden immer wieder angeführt:

  1. Synodisch: Der komplette Umlauf des Mondes um die Erde in ca. 29,5 Tagen.
  2. Anomalistisch: Die elliptische Bahn des Mondes (27,6 Tage).
  3. Siderisch: Der Durchlauf des Mondes vor den Sternbildern des astrologischen Tierkreises in etwa 27,3 Tagen.
  4. Tropisch: Aufsteigender und absteigender Mond in 27,3 Tagen mit Höchst- und Tiefststand.
  5. Draconisch: Das rückläufige Durchwandern der Schnittpunkte von scheinbarer Sonnenbahn und Mondbahn in 27,2 Tagen. Entstehung von Mond- und Sonnenfinsternissen.

Glaubt man dem volkstümlichen Mondkalender, so soll man mit den Mondphasen säen, pflanzen und ernten. Teils gehen die Mondkalender aber sogar so weit, dass sie in Fruchttage, Wurzeltage, Blütentage oder Blatttage eingeteilt werden.

Hier gibt es bereits die ersten Logik- bzw. Verständnisprobleme. Egal ob es gerade Neumond oder Vollmond gibt, ob der Mond gerade im Zunehmen oder Abnehmen begriffen ist. Der Mond besitzt doch immer die gleiche Masse, denn er ist ja nicht fort, nur weil er gerade kein Sonnenlicht zu uns reflektiert. Weshalb sollte ein Vollmond also Pflanzensäfte bei Vollmond oder Neumond besonders stark ziehen?

Wie funktioniert das mit den Gezeiten?

Betrachten wir kurz einmal, wie es sich mit den Gezeiten verhält: Bei Flut werden die Wassermassen des Meeres an die Küste gezogen. Bei Ebbe zieht die Anziehungskraft des Mondes das Wasser aufs offene Meer hinaus. Ebbe und Flut sind jedoch unterschiedlich stark, je nach aktueller Position des Mondes zur Erde. Bei Vollmond und Neumond gibt es eine besonders starke „Springtide“. Bei Halbmond gibt es eine schwache „Nipptide“. Woran liegt das. Hat der Vollmond etwa doch eine besonders starke Anziehungskraft?

Nein. Die Anziehungskraft des Mondes bleibt natürlich immer gleich groß. Lediglich die Position des Mondes zur Erde wird durch seine Mondphase auch sichtbar. Bei Neumond steht der Mond zwischen Sonne und Erde (Konjunktion), bei Vollmond steht die Erde zwischen Sonne und Mond (Opposition). Bei Halbmond hingegen stehen Sonne und Mond von der Erde aus gesehen im 90 Grad-Winkel zueinander. Die Mondphasen verdeutlichen somit tatsächlich die jeweils vorherrschende Stärke der Mond-Anziehungskraft im Verhältnis zur Sonne und in Bezug auf die Erde.

Hat der Mond Auswirkungen auf Pflanzen?

Die Chronobiologie ist jene wissenschaftliche Richtung, die sich mit biologischen Rhythmen befasst. Dazu gehört die sogenannte innere Uhr, aber auch der Mondphasenzyklus spielt in der Biologie immer wieder eine Rolle. Fraglich ist jedoch noch immer, ob auch Pflanzen der Wirkung des Mondes unterworfen sind. Das Hauptproblem liegt darin, dass bei Pflanzen bisher noch keine zentrale Steuerung einer inneren Uhr entdeckt werden konnte. Es wird allerdings vermutet, dass es hierfür mehrere Mechanismen gibt, die über die komplette Pflanze verteilt sind.

Das letzte Wort dazu ist also noch nicht gesprochen. Studien zum Thema gibt es leider nicht viele. Dafür aber gibt es eine große Menge an Büchern und Websites vollgestopft mit Aberglaube, Halbwahrheiten und viel esoterischen Theorien.

Studie von Dr. Hartmut Spieß

Dr. Hartmut Spieß vom Institut für Biologisch-Dynamische Forschung führte auf dem Dotterfelderhof in Bad Vilbel zwischen 1977 und 1986 einige mehrjährige Versuchsreihen zum Thema an Kulturpflanzen durch. Seine Ergebnisse wurden unter dem Titel „Chronobiologische Untersuchungen mit besonderer Berücksichtigung lunarer Rhythmen im biologisch-dynamischen Pflanzenbau“ veröffentlicht.

Spieß fand heraus, dass es kaum Übereinstimmungen seiner Ergebnisse mit dem Mond-Aussaatkalender, der sich am siderischen Mondzyklus orientiert, gibt. Dennoch zeigte sich, dass die Pflanzen durchaus auf die übrigen Mondzyklen reagierten. Dabei stellte Dr. Hartmut Spieß beispielsweise fest, dass man Roggen am Besten kurz vor dem Vollmond aussät. Auch bei Karotten (Möhren) zeigte sich, dass diese bei einer Aussaat bis drei Tage vor dem Vollmond Mehrerträge lieferten und haltbarer waren. (Quelle)

2006 hielt Dr. Hartmut Spieß einen Vortrag vor dem Obst- und Gartenbauverein Hendungen. Hier relativierte er die Ergebnisse seiner Studien: „Es gibt kein Patentrezept“. In 15 Jahren Forschungsarbeit habe er lediglich folgendes erkannt: „Der Mond hat Einfluss auf das Pflanzenwachstum“ – „In ein Schema pressen lässt sich das Ganze allerdings nicht“. (Quelle)

Weitere Studien

Der Biologe Peter Barlow von der Universität Bristol untersuchte Daten über die Bewegungen von Bohnen und anderen Gewächsen, die seit 1920 in Großbritannien gesammelt wurden. Dabei stellte er fest, dass sich die Blätter nicht nur nach der Sonne ausrichten, sondern dass es auch im Dunkeln Bewegungsrythmen zum Verlauf des Mondes gibt. Sobald die Gezeiten sich änderten, änderte sich auch die Stellung der Blätter. Der Forscher vermutet, dass die Schwerkraft des Mondes das Wasser der Pflanze anzieht. (Quelle)

Die Biologinnen Catarina Rydin und Kristina Bolinder von der Universität Stockholm fanden heraus, dass die Meerträubel-Art Ephedra foeminea dem Mondzyklus auf ganz besondere Weise folgt. Diese Pflanze beginnt seine Bestäubung exakt bei Vollmond im Juli. (Quelle)

Funktioniert Gärtnern mit dem Mond?

Die Studien zeigen eindeutig, dass der Mond durchaus Einfluss auf Pflanzen hat. Fraglich ist jedoch, wie groß dieser Einfluss ist und was nun tatsächlich hilft. Die Erkenntnisse scheinen nicht für alle Pflanzenarten gleichermaßen zu gelten, sondern unterscheiden sich von Pflanze zu Pflanze.

Definitiv Humbug ist Gärtnern nach dem siderischen Mondzyklus, also dem Durchlauf des Mondes durch die Sternbilder. Weder konnten Studien die Zeitpunke bestätigen, noch gibt es einheitliche Sternbilddeutungen. Die astrologischen Mondkalender mit ihren Aussaat-Zeiten, Ernte-Empfehlungen, etc. unterscheiden sich sogar untereinander.